Enkaustik – Anleitung und Technik für Wachs-Malerei
Enkaustik ist eine leidenschaftliche Kunstform, die jeder lernen kann. Mit der Wachs-Malerei erschaffen Sie zauberhafte Bilder, deren Farben wundervoll glänzen. Wir verraten Ihnen, welche Materialien und Hilfsmittel Sie benötigen und machen Sie mit der Technik vertraut. Was und wie Sie malen, bleibt am Ende jedoch ganz Ihnen überlassen. Und das Beste an der Kunst: Das Ergebnis wird garantiert schön!
Bei den allermeisten Maltechniken sind eine Menge Talent und noch mehr Übungsfleiß erforderlich, um wirklich sehenswerte Ergebnisse zu erzielen. Nicht so bei der Enkaustik. Diese Malerei ist eine Kunst der Leidenschaft. Sie malen einfach, was Ihnen gerade in den Sinn kommt, und können sicher sein, dass Ihr Bild am Ende magisch aussieht.
Natürlich haben Sie im Verlauf des Lernens und Übens die Möglichkeit, Ihre Fähigkeiten zu verbessern und nach den abstrakten Werken auch zu gegenständlichen Malereien überzugehen – etwa Landschaften oder gar Porträts. Doch ein Muss ist das nicht. Enkaustik bietet Ihnen die Chance, Ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und sie in Form von farbenfrohen Bildern auszudrücken.
Was ist Enkaustik?
Enkaustik bezeichnet eine Malkunst, bei der Sie zunächst einmal Wachs auf der erhitzten Fläche eines bügeleisenartigen Geräts verteilen. So schmelzen Sie die jeweilige Wachsfarbe auf und verstreichen sie anschließend nach Lust und Laune auf einer Papierfläche. Dabei gibt es bestimmte Techniken, mit denen Sie verschiedene Effekte erzielen. Diese stellen wir Ihnen im Ratgeber vor.
Mit der außergewöhnlichen Malerei entstehen kraftvolle Bilder, die vor allem durch den Glanz ihrer Farben begeistern. Legen wir los!
Inhalte
Werkzeug & Material für die Wachs-Malerei
Die Grundausrüstung besteht aus folgenden Geräten und Hilfsmitteln:
- Wachsmalgerät
- Wachsfarben
- Malkartons
- Küchenpapier
- 1 Karton in DIN A2
- 10 Blatt DIN A4 Papier
- Zeitungspapier
- Klebeband
Hinweis: Achten Sie zudem darauf, an einem Platz mit einer Steckdose (bei Bedarf inklusive Verlängerungsschnur) zu arbeiten.
Anfängern empfehlen wir, mit einer Einsteigerbox zu starten. Eine solche Box umfasst ein Maleisen, mehrere Wachsstifte und einige Malkarten für die ersten Versuche. Zum Teil sind auch nützliche Extras wie ein Schaber (zum Schaben und Kratzen von Linien, Flächen und Strukturen) und/oder eine Anleitung im Lieferumfang enthalten. Für eine solche Komplettbox bezahlen Sie circa 40 bis 50 Euro.
Später können Sie ergänzend noch einen Enkaustik-Pen und ein Schwämmchenset erwerben, um Ihre Bilder noch detail- und abwechslungsreicher zu gestalten. Doch diese Investitionen haben Zeit – zunächst wollen wir uns um die Vorbereitung des Arbeitsplatzes und die grundlegenden Techniken kümmern.
Arbeitsplatz vorbereiten
Ein gut vorbereiteter Arbeitsplatz beugt lästigen „Unfällen“(1) vor und erleichtert Ihnen den hemmungslosen Einstieg in die Kunst.
(1) Es ist sehr mühsam, getrocknetes Wachs vom Tisch oder Boden zu schaben.
1. Schritt: Legen Sie den großen DIN A2 Karton in die Mitte Ihrer Arbeitsfläche. Er sorgt für die nötige Elastizität zwischen dem eigentlichen Karton, auf dem Sie malen, und dem Maleisen.
Tipp: Wählen Sie einen leergeräumten Tisch als Arbeitsfläche.
2. Schritt: Befestigen Sie den DIN A2 Karton sorgfältig mit Klebeband. So stellen Sie sicher, dass Ihre Unterlage beim Malen nicht verrutscht.
3. Schritt: Legen Sie zehn Blätter normalen DIN A4 Papiers auf den Karton. Rundherum sollten Sie außerdem noch Zeitungspapier auslegen, sicher ist sicher.
4. Schritt: Stellen Sie alle benötigten Elemente (Maleisen, Wachsfarben und Küchenpapier) gut griffbereit auf den Tisch (am besten hinter den „Berg“ aus DIN A2 und DIN A4 Papier).
5. Schritt: Reißen Sie vom Küchenpapier drei bis vier Blatt ab und legen Sie das Bündel neben sich hin. Das Papier dient dazu, das Maleisen immer wieder abzuwischen, bevor Sie eine neue Farbe verwenden.
6. Schritt: Platzieren Sie einen Ihrer Malkartons auf dem Haufen des DIN A4 Papiers.
Fertig? Dann kann’s losgehen!
Enkaustik lernen – die vier Grundtechniken
In diesem Kapitel bringen wir Ihnen die vier Grundtechniken der Enkaustik näher. Wenn Sie diese beherrschen, haben Sie schon die wichtigsten Fertigkeiten, um verschiedenste Kunstwerke zu kreieren. Konkret zeigen wir Ihnen, wie Sie die Flächen und Kanten des Wachsmalgeräts einsetzen können und zu welchen Effekten die jeweiligen Anwendungen führen.
Unser Tipp: Üben Sie zunächst nur mit einer Farbe. So sehen Sie besser, was welchen Effekt nach sich zieht.
Die ersten Schritte sind, das Wachsmalgerät zu aktivieren und Wachsfarbe aufzuschmelzen.
So geht’s im Detail:
1. Schritt: Stecken Sie den Stecker Ihres Geräts in die Steckdose.
2. Schritt: Stellen Sie den Regler auf die Stufe 1.
3. Schritt: Warten Sie ungefähr eine Minute. Dann ist das Wachsmalgerät betriebsbereit.
4. Schritt: Halten Sie das Gerät waagerecht. Der eiserne Boden zeigt nach oben.
5. Schritt: Tragen Sie eine beliebige Wachsfarbe auf die Eisenfläche auf (einfach drübermalen). In Sekundenschnelle schmilzt das Wachs durch die Hitzezufuhr.
Hinweise:
- schmilzt das Wachs nur langsam oder bleibt zäh, müssen Sie die Temperatur ein bisschen erhöhen
- ist die Wachsfarbe rasch sehr wässrig, gilt es die Temperatur ein Stück herunterzufahren
- das Wachs hat dann die ideale Konsistenz, wenn es wie kaltes Olivenöl auf der Bodenfläche des Geräts herunterläuft
Passt die Einstellung, geht’s weiter mit den vier Grundtechniken.
Technik 1 | Gleiten
Tragen Sie die Wachsfarbe(n) auf das Maleisen auf.
Drehen Sie das mit Wachsfarbe bestrichene Gerät um (sodass der Boden nach unten zeigt) und fahren Sie wie mit einem Bügeleisen über den vorbereiteten Malkarton. Verstreichen Sie die geschmolzene Wachsfarbe quer über das Papier.
Dabei sollten Sie das Eisen möglichst sanft und leicht über den Karton gleiten lassen. Je weniger Druck Sie ausüben, desto besser ist es.
Wichtig: Streichen Sie das Wachs immer nur in eine Richtung (Rechtshänder führen das Gerät üblicherweise von rechts nach links, Linkshänder hingegen von links nach rechts).
Wiederholen Sie die Übung mehrfach, bis die Wachsfarbe gleichmäßig auf dem Malkarton verstrichen ist. Achten Sie auch darauf, stets genügend Wachsfarbe auf das Eisen aufzutragen.
Fehler und ihre Ursachen:
a) Das Wachs bedeckt nicht die ganze Fläche. – Vermutlich haben Sie zu wenig davon verwendet.
b) Das Wachs bleibt auf dem Karton „hängen“. – Vermutlich haben Sie zu viel Druck ausgeübt.
Technik 2 | Abheben
Legen Sie den bemalten Karton zur Seite und nehmen Sie einen frischen zur Hand. Schmelzen Sie wiederum reichlich Wachsfarbe auf der Eisenfläche Ihres Geräts.
Dann setzen Sie Letzteres von oben kommend auf den Malkarton auf und ziehen es nach einer kurzen Berührung sofort wieder hoch. Die Saugwirkung zwischen dem Eisen des Wachsmalgeräts und dem Wachs sorgt für einen tollen Struktur-Effekt.
Alternative: Wenn Sie das Wachsmalgerät zügig auf eine Seite wegkippen lassen, erzielen Sie eine ähnliche Wirkung. Probieren Sie’s aus!
Ist der Struktur-Effekt nur marginal ausgeprägt? Dann haben Sie vermutlich nicht genügend Wachs auf der Karte. Keine Sorge, mit ein bisschen Übung klappt’s bald reibungslos.
Technik 3 | Linien
Wieder benötigen Sie einen frischen Malkarton. Verstreichen Sie Wachsfarbe mithilfe der Gleittechnik.
Dann setzen Sie das Gerät senkrecht mit der unteren Außenkante auf den Karton und ziehen diese rasch durch die farbige Wachsfläche. So malen Sie grasähnliche Linien.
Diese können Sie variieren:
- seitliches Abgleiten bringt breite Linien hervor
- schnelles, gerades Gleiten sorgt für dünne Linien
Achtung: Arbeiten Sie zügig, das Wachs trocknet nämlich sehr schnell ein. Dies gilt generell – also nicht nur für die Technik der Linien.
Fehler und ihre Ursachen:
a) Die Linien erscheinen breiter als gewünscht. -> Vermutlich sind Sie zu stark abgeglitten.
b) Die Linien erscheinen schwächer als gewünscht. -> Vermutlich befindet sich zu wenig Wachs auf dem Karton. In diesem Fall bedecken Sie die Außenkante (den „Hintern“) Ihres Geräts noch einmal mit Wachsfarbe und ziehen erneut Linien.
Technik 4 | Punkte und feine Striche
Besonders feine Linien sowie kleine Punkte und sonstige Details erwirken Sie mit der Spitze Ihres Wachsmalgeräts. Bedecken Sie diese direkt mit Wachsfarbe.
Drehen Sie das Maleisen mit der Spitze nach unten in Richtung Malkarton und setzen Sie die Maleisen-Spitze dort kurz und punktuell auf.
Es entstehen dabei kleine Punkte. Wenn Sie die Maleisen-Spitze etwas ziehen, erhalten Sie dünne Striche. Tragen Sie zwischendurch immer wieder etwas von der Wachsfarbe auf die Maleisen-Spitze auf.
Übung: Einen einfachen fliegenden Vogel (klassische Möwe) malen
Setzen Sie die wachsbedeckte Spitze auf einen neuen Malkarton auf. Ziehen Sie sie dann sofort mit einem leichten Ruck nach links weg.
Bedecken Sie die Spitze neuerlich mit Wachs. Setzen Sie sie an derselben Stelle wie zuvor auf den Karton auf und ziehen Sie sie dann mit einem leichten Ruck nach rechts weg.
Probieren Sie auch, Kreise, Punkte und Striche in unterschiedlichen Ausprägungen (Größe, Dicke) zu malen.
Fehler und ihre Ursachen:
a) Die Striche und Tupfen sind zu dick. -> Vermutlich war Ihre Bewegung zu langsam oder Sie haben zu viel Wachsfarbe verwendet.
b) Es resultieren unschöne Kleckse. -> Vermutlich war die Spitze des Geräts mit zu viel Wachs bedeckt.
Tipp zum Malen mit der Spitze: Vielleicht tun Sie sich schwer, mit der Spitze zu malen, wenn Sie das Gerät ganz normal wie ein Bügeleisen halten. Dann können Sie versuchen, es stattdessen von vorne zu greifen. Dies belastet die Hand weniger und erlaubt kontrollierteres Arbeiten.
Das sind also die vier Grundtechniken, die Sie beherrschen sollten, um schöne Kunstwerke mit der Enkaustik zu erzielen.
Ergänzende Tipps für tolle Ergebnisse
Generell ist wichtig, dass Sie das Wachsmalgerät vor jedem Auftrag einer neuen Farbe mit Küchenpapier reinigen. Dies funktioniert in der Regel wunderbar. Will sich der Ton einmal nicht ganz vom Eisen verabschieden, helfen Sie am besten mit Klarwachs nach. Tragen Sie dieses auf die Fläche auf und wischen das Ganze anschließend mit Küchenpapier ab. So geht die Reinigung schnell und einfach vonstatten.
Achtung: Vermeiden Sie unbedingt, mit Ihren Fingern die heiße Fläche des Wachsmalgeräts zu berühren. Dies könnte sonst zu Verbrennungen führen.
Hier noch drei Tipps zu den Gestaltungsmöglichkeiten Ihrer Enkaustik-Werke:
- gleiten Sie langsam über den Malkarton, erhalten Sie einen ruhigen Hintergrund
- gleiten Sie schnell über den Malkarton, erhalten Sie einen bewegten Hintergrund
- durch Vor-und-Zurück-Rütteln erzielen Sie ein sehenswertes Fischschuppenmuster
Experimentieren Sie, um weitere Variationen zu ermitteln! Ganz wichtig ist, das Bild nach dem Abkühlen des Wachses mit einem Seidenstrumpf oder -tuch zu polieren.
So resultiert der herrliche Wachsglanz, der Enkaustik-Gemälde auszeichnet. Übrigens bleiben die Farben dauerhaft so intensiv, wenn Sie Ihre Kreationen gelegentlich aufpolieren.
Geschichtliches zur Enkaustik
Tatsächlich gibt es die Enkaustik-Malerei schon seit Jahrtausenden. Im Alten Ägypten, 5000 Jahre vor Christus (!), war die Technik bereits bekannt (wenn auch natürlich nicht mit den technischen Möglichkeiten, wie wir sie heute haben). Die Kreativen der damaligen Zeit erhitzten Bienenwachsfarben und trugen sie auf diverse Malgründe – etwa Holz- und Elfenbeintafeln – auf.
Zu den bekanntesten Zeugnissen enkaustischer Malerei gehören die berühmten Mumienporträts aus Fayum. Diese können Sie heute noch in den großen Museen der Welt bewundern. Früher beherrschten die Kunst nur sehr wenige Menschen. Heute ist das anders. Dank der erhältlichen Malgeräte hat jeder die Möglichkeit, die Technik der Enkaustik zu erlernen und Schönes zu malen.
1 Comments
Ich bin neu durch eine Freundin dazugekommen und war gerade sofort veriebt in diese Technik.Habe mir zum beginnenj ein komplettköfferchen bestellt und sobald das eintriff, werde ich sorfort beginnen. Super Sache!! Auch diese Erklarung von Ihnen finde ich ganz toll! Danke dafür
Grüsse Sie , Rickli